Lose Zahnspangen
Herausnehmbare Spangen werden individuell für den Patienten angefertigt. Grundsätzlich unterscheidet man sogenannte Plattenapparaturen von funktionskieferorthopädischen Geräten. Es sind zur Herstellung exakte Abformungen der Zähne und Kiefer notwendig. Die Spangen bestehen aus einem Kunststoffkörper und oftmals zusätzlichen Halteklammern, die aus Draht hergestellt werden. Sie können von den Patienten eigenständig aus dem Mund genommen werden. Verwendet werden lose Spangen zumeist bei jungen Patienten, da die Wachstumsentwicklung mit diesen Spangen gut gesteuert werden kann. Getragen werden die Spangen nachts und meist auch mehrere Stunden tagsüber. Einige lose Zahnspangen, die Plattenapparaturen, müssen in regelmäßigen Abständen zu Hause gestellt werden. Das Stellen wird den Eltern vom Kieferorthopäden erklärt und geeignete Hilfsmittel werden für zu Hause zur Verfügung gestellt.
Die Wirkung von funktionskieferorthopädischen Geräten ist in erster Linie auf die Kieferentwicklung gerichtet. Während des Wachstums kann mit diesen Geräten die Kieferstellung gut korrigiert werden, was vor allem zu einer Harmonisierung des Profils, zu einer Verbesserung der Gesichtsästhetik und zu einer dauerhaften Stabilisierung des Bisses beiträgt. Es erfolgt ein „Umlenken“ der körpereigenen Kräfte von Muskeln und Weichteilen auf die Zähne und den Kiefer. Man nennt diese Art der Behandlung auch „Funktionskieferorthopädie“. Die Wirkung einiger loser Zahnklammern ist mit der Wirkung von Physiotherapie im Bereich der Kaumuskulatur vergleichbar.
Der bekannteste Typ dieser Geräte ist der Bionator nach Balters. Ihm werden neben der Fähigkeit Kieferfehlstellungen zu korrigieren weitere Funktionen zugeschrieben (ganzheitliche Kieferorthopädie). Auch Aktivatoren, Funktionsregler, Vorschubplatten und weitere herausnehmbare Geräte kommen regelmäßig zum Einsatz.
Die Geräte im Detail
Bionator
Beim Bionator nach Balters handelt es sich um ein funktionskieferorthopädisches Gerät. Das Gerät liegt locker im Mund und wird ausschließlich über die Muskelkraft gehalten. Hierbei kommt es zu einem Trainingseffekt der Muskulatur, während diese gleichzeitig durch Wangenschlaufen von den Zähnen abgehalten wird. So kann für die Zähne eine Entwicklung ohne störenden Einfluss von Wangen-, Lippen- oder Zungenmuskulatur gewährleistet werden. Mit diesem Gerät ist es möglich, eine korrekte Position des Unterkiefers zum Oberkiefer einzustellen. Neben dem muskulären Effekt kommt es bei guter Mitarbeit des Patienten auch nach einiger Zeit zu einem Umbau des Knochens. So können auch Wirbelsäulenprobleme verringert oder die Atemwege vergrößert werden, solange sie auf die Fehlposition des Unterkiefers zurückzuführen sind. Der Bionator wird Tag und Nacht getragen – allerdings nicht in der Schule oder bei sportlichen Aktivitäten.
Aktivator
Der Aktivator nach Andresen und Häupl wirkt ähnlich wie der Bionator. Er gehört auch zu den funktionskieferorthopädischen Geräten, da er rein muskulär zwischen den Zahnreihen fixiert ist und somit einen Trainingseffekt auf alle Muskelpartien der Kaumuskulatur hat. Der Aktivator verzichtet auf die zur Abschirmung der Muskulatur nötigen Wangenschlaufen. In erster Linie soll mit dem Aktivator eine Bisslagekorrektur und Bisshebung erzielt werden. In der Regel wird dabei der Unterkiefer weiter nach vorne geführt, um das Kiefergelenk zu entlasten und um eine Abstützung aller Zähne zu gewährleisten. Nach muskulärer und knöcherner Umstellung bleibt der Unterkiefer auch nach Beendigung der Therapie in der optimalen Position und kann so eine gleichmäßige Kaubelastung gewährleisten. Der Aktivator wird Tag und Nacht getragen – allerdings nicht in der Schule oder bei sportlichen Aktivitäten.
Vorschubdoppelplatte
Die Vorschubdoppelplatte ist eine Kombination aus einem funktionskieferorthopädischen Gerät zur Korrektur der Bisslage und je einem Einzelgerät pro Kiefer. Der Unterschied zu Bionator und Aktivator besteht darin, dass hier auf den sogenannten Monoblock verzichtet wird und es getrennte Klammern für Ober- und Unterkiefer gibt. Der muskuläre Trainingseffekt wird hier durch Vorschubstege, die an der Oberkieferspange befestigt sind und genau zu einer schiefe Ebene an der Unterkieferebene passen, umgesetzt. So wird der Unterkiefer ebenfalls in eine andere Position – meist weiter vorne – zum Oberkiefer geführt. Der Patient wird erst eine muskuläre Veränderung – oft beißt er in zwei verschiedenen Positionen zusammen – merken. Erst später wird der Knochen der neuen Belastung entsprechend umgebaut und das Zusammenspiel von Ober- und Unterkiefer erfolgt nur noch in der einen optimierten Position. Die Vorschubdoppelplatte wird Tag und Nacht getragen – allerdings nicht in der Schule oder bei sportlichen Aktivitäten.
Funktionsregler Typ 3
Ein klassisches Gerät der Funktionskieferorthopädie ist der Funktionsregler Typ 3 nach Fränkel. Er wird eingesetzt, wenn der Unterkiefer den Oberkiefer im Wachstum überholt. Diese Abweichung nennt man eine Progenie und die Ursache kann sowohl im Unter- als auch im Oberkiefer liegen. Der Funktionsregler erstreckt sich über beide Kiefer und besitzt Wangen- und Lippenschilde. Über diese soll im Oberkiefer eine Stimulation des Wachstums erfolgen, während im Unterkiefer durch enges Anliegen eine Wachstumshemmung angestrebt wird. Gerade in der frühen Wechselgebissphase, wenn eine hohe Wachstumsaktivität vorhanden ist, ist es sinnvoll dieses Gerät zu verwenden, um ein Gleichgewicht zwischen Ober- und Unterkieferwachstum herzustellen. Auch hier entspricht das Gerät einer Trainingseinheit, welche durch fortdauernde Reizung der Muskulatur zu einem vermehrten Knochenwachstum und somit zur Beseitigung von Wachstumsdefiziten führen kann. Der Funktionsregler Typ 3 wird Tag und Nacht getragen – allerdings nicht in der Schule oder bei sportlichen Aktivitäten.
Aktive Platte
Die aktive Platte hat ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten. Durch verschiedenartige Schraubensysteme sind viele Bewegungen der Zähne möglich:
- Einzelzahnbewegungen
- Kieferdehnung
- Lückenöffnung
- Kippungen der Frontzähne
Außerdem erlauben Federsysteme, Bügel und im Kunststoff geschaffene Aufbisse weitere – allerdings immer nur kippende – Zahnbewegungen. Voraussetzung für ein gutes Ergebnis ist auch hier eine ausreichende Tragezeit. Aktive Platten werden am Tag und in der Nacht getragen – allerdings nicht in der Schule oder bei sportlichen Aktivitäten.
Lückenhalter
Der Lückenhalter findet seinen Einsatz im Milch- und im frühen Wechselgebiss. Wenn es zu einem vorzeitigen Milchzahnverlust gekommen ist, ist auch die Platzhalterfunktion des Milchzahnes für seinen bleibenden Nachfolger nicht mehr gewährleistet. Um somit einem Platzverlust durch das Aufwandern von Nachbarzähnen entgegen zu wirken, fertigt man so genannte Platz- oder Lückenhalter an, die die ursprüngliche Funktion des Milchzahnes übernehmen sollen. So kann die Lücke für den zu einem späteren Zeitpunkt noch kommenden bleibenden Zahn offen gehalten werden und es kommt zu keiner weiteren Einengung. Meistens kommt ein herausnehmbarer Lückenhalter zum Einsatz. Diese Geräte sollten in der Nacht und einige Stunden am Nachmittag und Abend zu Hause getragen werden.
Positioner
Der Positioner dient der Feineinstellung der Zähne nach der Therapie mit einer festen Zahnspange (Multiband- / Mulitibracket). Er erstreckt sich über beide Kiefer und ist aus einem speziellen weichen, elastischen und durchsichtigen Silikon gefertigt. In diesen Kunststoff können kleinere Korrekturen für einzelne Zähne eingearbeitet werden, um somit ein harmonisches Endergebnis zu erzielen. Auch kann die Verzahnung der Zähne des Ober- und Unterkiefers über dieses Gerät stabilisiert und noch leicht verändert werden. Im Wesentlichen ähnelt der Positioner einem Sportschutz. Der Positioner wird hauptsächlich in der Nacht getragen. Eine Variation des Positioners ist der „Essix-Retainer“. Dies ist ein völlig transparentes Haltegerät aus hartem Kunststoff, welches auch nur in einem Kiefer eingesetzt werden kann.